Ujjayi-Pranayama

Text: Lisa Crone

Was bedeutet pranayama?

„Prana“ bedeutet Atem, Hauch, Lebenskraft, Lebensenergie, „ayama“ heißt Verlängerung, Ausweitung, Kontrolle. Pranayama ist also gleichzeitig das Ausdehnen und Regulieren von prana, wie auch das freie Fließen dieser feinen Lebensenergie in unserem ganzen Organismus.

Voraussetzungen für pranayama

Bevor Du mit der Praxis von bestimmten pranayama beginnst, solltest Du einen guten Kontakt zu Deinem Atem haben. Diesen Kontakt kannst Du durch Atembeobachtung und die Synchronisation von Atem und Bewegung in Deiner Asanapraxis pflegen.

Ujjayi-Pranayama

Ujjayi ist eine Atemtechnik im Yoga, die für sich alleine praktiziert werden kann, aber auch oft während der Asanapraxis durchgeführt wird. Der Begriff „ujjayi“ stammt aus dem Sanskrit und bedeutet „die Siegreiche“ oder „Erhabene“. Die Vorsilbe „ud-“ heißt aufwärts, nach außen, „jaya“ bedeutet Eroberung, Erfolg oder auch Bezähmung. Die Kontrolle und Lenkung des Atems, wird im Yoga als Sieg über die Kräfte des zerstreuten und unruhigen Geistes angesehen.

 

Diese Atemübung ist auch als "Ocean Breath" bekannt, weil sie klingt wie das Rauschen des Meeres und jeder Atemzug, wie eine Welle kommt und wieder geht.

Wie funktioniert die Praxis?

Durch die sanfte Kontraktion der Muskeln am hinteren Teil des Rachens, wird bei der Ujjayi-Atmung ein leichter Widerstand hervorgerufen. Die Stimmritze verengt sich und die Luftröhre wird leicht zusammengezogen. Das bewirkt, dass der Atem, beim Ein- und Ausströmen weniger Raum hat und dadurch länger, feiner und tiefer wird.

 

Dabei entsteht ein hörbares Rauschen, das manche auch an den Atem von Darth Vader aus Star Wars erinnert. ;)

Auf der Yogamatte

  • Setze Dich in eine bequeme Position, entweder im Schneider- oder Fersensitz (bei Bedarf mit Sitzkissen) oder auf einen Stuhl. Achte darauf, dass Deine Wirbelsäule verlängert ist und die Schultern entspannt nach unten sinken.
  • Atme ein paar Mal genussvoll durch die Nase ein und aus, um Dich zu entspannen und den Atem zu vertiefen.
  • Die Bauchdecke sanft tonisieren, um Deine Aufrichtung zu stabilisieren. Beobachte den natürlichen Atemfluss.
  • Bei der nächsten Ausatmung, öffne den Mund und lass ein stimmloses „Haaaa“ entstehen, so als ob du einen Spiegel oder eine Glasscheibe anhauchst. Beobachte, wie der Atem am Gaumendach entlangströmt. Deine Stimmlippen nähern sich einander entspannt an. Die Einatmung erfolgt ganz natürlich durch die Nase. Mache ein paar Wiederholungen.
  • Schließe nun bei der Ausatmung den Mund und versuche dabei das sanft rauschende Geräusch beizubehalten.
  • Lass nun auch bei der Einatmung durch die Nase, den sanften Widerstand im Kehlraum entstehen, so als ob das gehauchte „Haaaa“ durch die „Weite“ im Mundraum wieder einströmt.
  • Stelle Dir vor, dass Du den Atem entlang der Rückseite Deines Halses leitest, anstatt ihn einfach nur ein- und auszuatmen. Das hilft Dir, den Atem zu lenken und zu kontrollieren. Achte darauf, dass nicht zu viel Druck und Anspannung in der Kehle entsteht. Mache bei Bedarf kleine Pausen.
  • Wenn Du ausatmest, versuche den Atem genauso langsam und kontrolliert freizugeben, wie beim Einatmen. Der Atemfluss sollte gleichmäßig und ohne Anstrengung sein. Es braucht ein bisschen Zeit und Übung, bis Du Deine Balance aus Intensität und Länge des Atems gefunden hast.
  • Vielleicht hilft es Dir, innerlich das (Atem-)Mantra SO HAM zu rezitieren: einatmend = SO, ausatmend = HAM
  • Sollte während des Übens Atemhunger oder Atemnot entstehen, beende die Übung und kehre zu einem natürlichen Atemfluss zurück. In der Stille nachspüren (Rückenlage oder aufrechte Sitzposition).

Du kannst ujjayi während der gesamten Yogapraxis durchführen oder auch nur in bestimmten Phasen, wenn Du zum Beispiel länger in einer kraftvollen Haltung verweilst oder bei einem dynamischen Flow. Probiere es einfach aus.

Probiere ujjayi zur Übung auch immer mal wieder in Deinem Alltag aus, beim Spazierengehen, Warten an der Bushaltestelle, etc.


Mögliche Wirkungsweisen

  • Beruhigung des Geistes: Das bewusste Lenken des Atems und das Erzeugen des charakteristischen Rauschens helfen, den Geist zu beruhigen und die Konzentration zu fördern. So kann sich ein Gefühl von innerer Ruhe einstellen.
  • Entspannung des Körpers: Die langsame, kontrollierte Atmung mit ujjayi trägt dazu bei, den Körper zu entspannen und Stress abzubauen.
  • Stärkung der Atemmuskulatur: Durch die vertiefte Atmung werden die Atemmuskulatur und das Zwerchfell aktiviert und gestärkt, was die Lungenkapazität erhöht und die Effizienz der Atmung verbessert. Dadurch wird auch eine gesunde Körperhaltung unterstützt.
  • Erhöhung der Sauerstoffzufuhr: Durch die bewusste und tiefe Atmung mit ujjayi, wird der Körper besser mit Sauerstoff versorgt. Dadurch wird der Stoffwechsel und die Regeneration der Zellen angeregt und der Energielevel erhöht.
  • Stimulierung des Parasympathikus: Die Ujjayi-Atmung stimuliert den Parasympathikus, was zu einer Entspannungsreaktion im Körper führt und dazu beiträgt, den Stresslevel zu senken und das Wohlbefinden zu steigern.
  • Schleimlösende Wirkung: Ujjayi hat eine schleimlösende Wirkung und ist empfehlenswert bei Erkrankungen der Atemwege, solange gut durch die Nase geatmet werden kann.

Insgesamt kann die regelmäßige Praxis von ujjayi dazu beitragen, Körper und Geist in Einklang zu bringen, Stress abzubauen und das allgemeine Wohlbefinden zu steigern.


Bild: Madison Lavern | unsplash.com

 

Literatur zum Nachlesen:

  • Trökes, Anna: Das große Yogabuch: Gräfe und Unzer Verlag 2010
  • Iyengar, B.K.S.: Licht auf Pranayama: Das grundlegende Lehrbuch der Atemschule des Yoga: O.W. Barth Verlag 2008
  • BDYoga e.V. (Hrsg.): Der Weg des Yoga, Handbuch für Übende und Lehrende: Vianova Verlag 2007